Dienstag, 19. Juni 2018

Strom verschenken!


Ans Ausland!

Nicht an mich! Natürlich!

Im Gegenteil, ich muss zahlen und alle anderen auch, sofern sie nicht selbst Ökostrom generieren, also über einen gewissen Mindestwohlstand verfügen.

"Unerwünschte Nebenwirkung der Energiepolitik: Deutschland verkauft Strom an Nachbarländer - und zahlt bei dem Geschäft zusätzlich Geld. Die Politik ist beunruhigt." (Quelle)

So sehr aber auch nicht. Sprechen wir besser von irritiert und geistiger Parese.

Ein Beispiel: Der Neujahrstag 2018, entsinnen wir uns. Die Sonne schien, leichter Wind, die Produktion in Deutschland ruht. Das bewirkte eine geringe Stromnachfrage bei gleichzeitiger Ökostromproduktion. Was also tun mit der für nicht unerhebliches Kapital bereitgestellten regenerativen Energie, die viele modern-progressive Deutsche als achtunggebietend betrachten. 

Antwort: Den für Geld bereitgestellten Strom für Geld ins Ausland verkaufen, mittels negativem Preis: Wer Strom aus Deutschland in sein Netz einlässt, damit die Frequenz bei uns nicht anschwillt und  Blackout verursacht, wird bezahlt dafür, bis zu 76 Euro pro Megawattstunde, das heißt negativ mehr als der Strom zu anderen Zeiten positiv kostet.

Während 2008 noch an 15 Stunden Strom zum "negativen" Preis verkauft werden musste, waren es nach Angaben der Bundesnetzagentur 2017 bereits 146 Stunden "negativer" Strompreisverkauf.

Die Kosten dafür werden in unser aller Stromrechnung untergebracht, denn die Regel lautet: Auch wenn regenerativer Strom bereitgestellt wird, den niemand braucht, muss dieser wenn möglich abgenommen und vermarktet werden. Der negative Preis anders ausgedrückt: Sie brauchen keinen Fisch? Gut, dann gebe ich ihnen solange Geld, bis Sie ein paar mitnehmen.

Das Bundeswirtschaftsministerium reagierte: Man bleibe gelassen, hieß es. Einige Politiker aber sollen gesagt haben, diesen Irrsinn könne man sich auf Dauer nicht leisten. Sowohl die Versorgungssicherheit wie die Wettbewerbsfähigkeit seien gefährdet.  

Nicht verwechseln sollte man den Stromverkauf zu negativen Preisen mit den "Stromnoteingriffen". Dafür waren 2017 1,4 Milliarden fällig, neuer Rekord im Vergleich zu den 1,1 Milliarden 2015.

Stromnoteingriffe sind notwendig, um "kritischen Netzsituationen" entgegenzuwirken. Im Jahr 2017 war das an 353 Tagen nötig, weil der Wind nicht so blies und die Sonne nicht so schien, wie der Verbrauch es erforderte.

2016 war ein windschwaches Jahr, also musste man statt der 1,4 Milliarden lediglich 880 Millionen für Noteingriffe aufwenden. 2017 war ein problematisches Jahr und windreich, deswegen mussten etwas über 10 Milliarden kWh "abgeregelt" werden und durch uns Verbraucher bezahlt werden, ohne dass sie bei uns aus den Steckdosen kamen. Gleichzeitig musste etwa so viel im Süden durch Kraftwerke produziert werden, da der abgeregelte Strom dort nicht ankam. Das nennt man "redispatch". Insgesamt wurden für über 20 Milliarden kWh redispatch-Kosten fällig.

Wieviel genau verschenkt, abgeregelt, redispatched oder zum negativen Preis verkauft, ist zumindest nicht unmittelbar in all seinen Verästelungen zu ermitteln.

Bei Gelegenheit aber, bei Gelegenheit, nicht mehr heute, denn manchmal macht das Thema müde, einfach müde.

 
 


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