Dienstag, 17. April 2018

Der Großinquisitor! Teil 2

Mit finsterem Gesicht tritt der Großinquisitor, begleitet von seiner Wache, vor ihn. Forschend schaut er in seine Augen, wendet sich dann ab, dem Volk zu. Die Menschen senken die Köpfe, blicken zu Boden und schweigen.

"Ite, missa est", "Gehet, denn ihr seid gesandt", spricht er und die Menge antwortet: "Deo gratias.". 

Mit einem Wink befiehlt er der Wache, ihn festzunehmen, wendet sich um und schreitet aus der Menge heraus, dem Gebäude des Tribunal del Santo Oficio de la Inquisición entgegen.

Die Wache führt den Gefangenen in ein gewölbtes Verlies und schließt ihn dort in einen der Kerker. Nichts geschieht, die Nacht bricht an. Erst tief in der Dunkelheit erscheint der flackernde Schein einer Fackel. Die schwere eiserne Tür des Kerkers wird geöffnet, ein tritt der Großinquisitor und lässt die Tür hinter sich wieder schließen.

Er schweigt lange, bis er das Wort an den Gefangenen richtet:

"Bist Du es? Aber antworte nicht, schweig! Schweig, denn Du hast kein Recht, dem, was Du früher gesagt, irgendetwas hinzuzufügen, nicht jetzt, 1500 Jahre später!

Warum bist Du gekommen? Uns zu stören? Wisse: Morgen werde ich Dich verurteilen als Ketzer und verbrennen lassen auf dem Scheiterhaufen und dasselbe Volk, das Dir heute noch zujubelte, als Du das Mädchen wieder zum Leben erweckt und den Blinden sehend gemacht hast, dieses Volk wird morgen auf meinen Wink zu Dir stürzen und die mitgebrachten Kohlen in den brennenden Reisig werfen, wird sich an Deinen Schmerzensschreien ergötzen, wie sie es all die Jahre zuvor mit all den anderen getan!

Keine Hand wird sich erheben, wider mich, keine Hand, um Dich zu befreien! Spucken werden sie, um Dir ihre Verachtung zu zeigen. Warum also bist Du gekommen, wenn Du es doch hättest wissen können, ja wenn Du es doch weißt?

Als Du am Kreuze hingst und starbst, hast Du die Menschheit allein gelassen und bist aufgefahren in Deine Gottesseligkeit. Da hast Du alles übergeben in die Hände Deiner Apostel, an Petrus, also gehört jetzt alles der heiligen katholischen Kirche.

Du darfst zu dem, was Du gesagt und getan auf Erden, nichts hinzufügen, denn Du nähmst uns die Freiheit, die Freiheit, die Du der Menschheit geschenkt, auf dass sie sich sich entscheide, für oder gegen Dich.

Ließe ich Dich auch nur einen Satz sprechen, es wäre ein neues Wunder und nähme meine und der Menschen Freiheit, uns zu entscheiden für oder gegen Dich.

Fünfzehnhundert Jahre mussten wir uns quälen mit dieser Freiheit, aber die Menschen haben uns die Freiheit dargebracht, ihre Freiheit uns zu Füßen gelegt, damit wir ihnen das Glück des rechten Glaubens und des reinen Gewissens schenkten, denn nicht der zweifelnde Rebell ist glücklich, sondern wer den Glauben, seinen Platz gefunden in der Herde und weiß, welchen Weg zu gehen.

Du gabst uns das Recht zu binden und zu lösen, Du kannst es und Du darfst es uns nun nicht mehr nehmen."

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