Freitag, 27. April 2018

Der Großinquisitor (Teil 6)

Der letzte große Wunsch, die letzte große Qual der Menschheit ist es, sich zu vereinigen, ist die Weltherrschaft, wenn alle Menschen unter einem Gesetz und mit einem Schwert gerichtet werden: Die ganze Welt ohne Krieg und Ruhe vor dem jahrtausendealten blutigen Ringen der Völker.

Hättest Du dem Geist gedient, der Dir die Weltherrschaft angedient, hättest Du zu ihm gebetet um der Herrschaft über die Menschheit Willen, statt ihn als Satan zu beschimpfen und zu beleidigen, wieviel Millionen Menschen hättest Du damit das Leben retten können! Du aber warst stolz und hochmütig, Du behauptest nur dem einen wahren Gott zu dienen. Ich sage Dir, es gibt mindestens zwei Götter, der eine heißt das Leben, der andere das Glück!

Du hättest Dich in Purpur gewanden können, mit dem Schwert in der einen Hand und dem Palmenzweig in der anderen, sie hätten gejubelt: Hosanna, gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt, Hosanna in der Höhe, so wie sie es getan bei Deinem Ritt auf dem Esel in Jerusalem, aber Du hättest sie nicht betrogen, Du hättest sie nicht getäuscht und wärst nicht ans Kreuz geschlagen worden, sondern hättest zerschmettert die, die gegen Dich das Schwert erhoben.

So aber hast Du Verwirrung hinterlassen, das im Chaos enden wird, so blieb die Menschheit unvereint und beginnt sie erneut einen babylonischen Turm zu bauen, der ihre Kinder erschlagen und sie wieder zu Menschenfressern machen wird.

Ich sehe den Propheten gleich in die Zukunft und ich kann den räudigen Atem riechen, die Ströme von Blut sehen und dann werden sie zu uns zurückgekrochen kommen, uns die Füße lecken und ihre blutigen Tränen werden den Boden nässen auf dem wir gehen und wir werden uns auf das Tier setzen und den Kelch erheben auf dem für jeden sichtbar geschrieben steht: 

Das Geheimnis!

Danach beginnt für die Menschheit das Reich der Ruhe und des Glücks!

Sei Du stolz auf Deine Auserwählten, aber Du hast nur Deine Auserwählen, während wir ALLEN Frieden und Glück bringen. Die Menschen werden nicht mehr rebellieren und einander vernichten, denn wir werden ihnen erklären, dass sie erst dann wahrhaft frei, wenn sie uns ihre Freiheit schenken und uns gehorchen. Wir werden sie befreien aus der Sklaverei des Zweifels und der Verwirrung, wir werden die Wissenschaften kontrollieren und unterwerfen, denn ihre Wege führen oft in den Abgrund.

Sie werden zu uns zurückkriechen und uns zuheulen: "Ja, ihr hattet recht, wir kehren zurück, rettet uns vor uns selbst."

Wir werden ihnen Brot geben, ihr Brot, das sie mit ihrer Hände Arbeit und ihrem Schweiß gemacht, aber wir werden es gerecht verteilen und sie werden uns die Hände dafür küssen, denn sie werden sich erinnern, dass sie früher einander das Brot aus ihren Händen gerissen und sie es im Kampf mit ihren Füßen zerstampften.

Wir werden den Menschen ein stilles, ein friedliches Glück gewähren, das Glück der Menschen, die ihren Hochmut und Stolz abgelegt haben, das Glück der Kinder, denn welches Glück ist süßer als das der Kinder. Schüchtern werden sie aufschauen, sich an uns schmiegen und geduldig warten, dass wir sie mit einem Streicheln liebkosen. Wir werden die störrische Herde von tausenden Millionen zähmen, ihre Tränen trocknen, denn sie werden schnell zum Weinen geneigt sein und zittern vor unserem  Zorne, aber ebenso leicht, durch einen Wink, eine kleine aufmunternde Geste werden sie wieder fröhlich lachen und glückselig singen.

Wir werden sie zur Arbeit zwingen, aber in ihrer arbeitsfreien Zeit ist das Leben eine Art Spiel, mit Chorgesängen und Tänzen, und in den tiefen Stunden der Nacht voll freudvoller Sünden und sie werden uns lieben dafür, dass wir ihnen gestatten zu sündigen, sofern sie mit unserer Erlaubnis geschehen und sie keine Geheimnisse vor uns haben: mit Lust und Freude wird sich die Menschheit unterwerfen, denn das Schlachten hat mit unserer Herrschaft ein Ende!

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